Objektive und Filter
Aus welchen Materialien werden IR-Objektive gefertigt? Was ist eine Antireflexionsbeschichtung? Was manchen Filter möglich?

IR-Optiken
Allem voran: Mittel- und langwellige thermografische Linsen können nicht aus Glas bestehen, sondern nur aus Materialien, die für den Wellenlängenbereich einer solchen Thermokamera transparent sind. Man kann also keine Wärmebildkamera kaufen und sie dann vor ein optisches Mikroskopobjektiv montieren, um sehr kleine Objekte zu messen. Auch kann eine langwellige Thermokamera nicht mit mittelwelligen Objektiven versehen werden (oder umgekehrt). (In beiden Fällen könnte keine Strahlung gemessen werden.)
Für langwellige thermografische Systeme besteht das Linsenmaterial typischerweise aus Germanium, welches noch mit einer speziellen Antireflexionsschicht (ARC = Anti Reflection Coating) beschichtet ist, womit Transmissionsfaktoren bis über 99% erreicht werden. Gleichzeitig bewirkt diese Beschichtung, dass Wellenlängen unter 7 μm, wie auch über 14 μm herausgefiltert werden. (Zwecks Nutzung des langwelligen atmospherischen Fensters.)
Im kurz- und mittelwelligen Bereich kommen oftmals Zinkselenid und Saphir zum Einsatz, im Mittelwellenbereich auch (neben vielen weiteren Materialien) Silizium und Chalkogenidglas. Bei der Auswahl gilt es folgende Punkte zu beachten:
- Charakteristik und Temperaturabhängigkeit der Transmission
- Brechungsindex und dessen Temperaturabhängigkeit
- Oberflächeneigenschaften und Antireflexionsbeschichtbarkeit
- Widerstandsfähigkeit gegen aggressive Medien (Gase, Wasser, Chemikalien)
- mechanische Widerstandsfähigkeit, Bruchfestigkeit, Härte, Kratzfestigkeit
- Beständigkeit (Alterung), chemische Stabilität
Aus optischer Sicht sind natürlich Transmission und Brechungsindex am wichtigsten. Die weiteren Parameter können jedoch die optische Herstellungstechnologie der Linse oder die spätere praktische Anwendbarkeit des gesamten Messinstruments einschränken. Selbstverständlich sind auch die mechanische und chemische Beständigkeit, wie auch die Material- und Bearbeitungskosten von hoher Bedeutung.
Spektrale Filter
Es gibt eine Menge von Messaufgaben, bei denen spezielle Infrarotfilter notwendig sind, um die zu messende Objekttemperatur oder das physikalische Phänomen zu erfassen. Dies wird auch als spektrale Thermografie (oder Spektralthermografie) bezeichnet, da hierbei ein eingeengter spezifischer Wellenlängenbereich genutzt wird, der wesentlich schmaler ist als das jeweilige „normale” atmosphärische Fenster.
Filter können u.a. erforderlich sein, um die Wärmebildkamera zu schützen, z.B. mit CO2-Laserschutzfiltern oder zur Anpassung der spektralen Empfindlichkeit an spezielle Emissions- bzw. Transmissionseigenschaften des Messobjekts. Ein Beispiel hierfür ist die Verwendung von Filtern für Messungen an Glasflächen bzw. durch Glas hindurch (beispielsweise zur Prüfung der inneren Komponenten bei Glühlampen und Lichtbogen-Leuchtkörpern, sowie derer Umhausung). Die folgende Liste enthält nur einige der häufig vorkommenden Filter:
Filter im Mittelwellenbereich (2 … 5 µm)
BP: 3,6 … 4 µm Verringerung der Atmosphärenwirkung
LWP: >4 µm (5,3 µm) Messung auf Glasoberfläche
SWP: 3,4 µm Messung durch (Quarz-)Glas
LWP: 3,6 µm Verringerung der Sonneneinstrahlung
NBP: 3,9 µm Messung durch Flammen
NBP: 4,25 µm Flammentemperaturmessung
NBP: 3,4 µm Messung von Polyethylen
Filter im Langwellenbereich (7,5 … 14 µm)
NBP: 8,3 µm Messung von Teflon
LWP: 7,5 µm Verringerung der Sonneneinstrahlung
BO: 10,6 µm CO2 Laserschutzfilter
Erklärung der Abkürzungen:
SWP (= Short Wave Pass) … Tiefpassfilter, Kurzwellenfilter (schließt längere Wellenlängen aus)
LWP (= Long Wave Pass) … Hochpassfilter, Langwellenfilter (schließt kürzere Wellenlängen aus)
BP (= Band Pass) … Bandpassfilter (schließt Wellenlängen außerhalb des Bereichs aus)
NBP (= Near Band Pass) … Schmalbandpassfilter (Lochfilter – schließt alle anderen Wellenlängen aus)
BO (= Band Out) … Bandausschlussfilter (schließt Wellenlängen innerhalb des Bereichs aus)


(Fotos/Abbildungen © Eric Rahne)

Anwendungen mit Filtern
Als Beispiele für die vielen Anwendungen von Filtern sollen hier die Messungen an Glas, im Zusammenhang mit Flammen bzw. zur Gasleckage-Detektion erlautert werden.
Soll die genaue Temperatur der Glasoberfläche, aber auch die (hohe) Temperatur des Objekts hinter dem Glas bestimmt werden, ist eine mittelwellige Thermokamera notwendig. Zusätzlich müssen noch Infrarotfilter genutzt werden, da ohne diese die vom Glaskörper und die durch das Glas hindurch dringende – vom dahinterliegenden Objekt abgegebene – Strahlung gemeinsam erfasst würde. Wird ein 3,5 μm Hochpassfilter (sog. Auf-Glas-Filter) genutzt, dann werden alle kürzeren (durch Glas dringenden) Wellenlängen ausgeschlossen und somit nur die Strahlung der Glasoberfläche und damit deren Temperatur detektiert. Mittels eines 3,5 μm Tiefpassfilters (sog. Durch-Glas-Filter) dagegen wird nur die vom hinter dem Glas befindlichen Objekt ausgesandte und durch das Glas hindurch transmittierte Strahlung erfasst.
ür alle Messaufgaben, bei denen die Temperatur brennender Gase oder die Temperatur der durch die Verbrennungsprozesse erwärmten Gegenstände bestimmt werden soll, ist ein Filter sinnvoll bzw. unbedingt erforderlich. Zur Messung der Flammentemperatur ist eine mittelwellige Thermokamera und ein der Wellenlänge der Verbrennungsgase entsprechender 4,25 µm Schmalbandfilter notwendig. Die Temperaturerfassung von Objekten durch Flammen hindurch erfordert dagegen bei einer Mittelwellenkamera einen 3,7 … 4 µm Bandfilter, bei einer langwelligen Thermokamera ist kein Filter erforderlich. (Langwellige thermografische Systeme können dementsprechend keine Flammentemperaturen bestimmen, da sie ganz einfach „hindurch”-messen.)
Die Absorptionslinien vieler interessierender Gase liegen im mittelwelligen, einiger auch im langwelligen Infrarot-Wellenlängenbereich. Hierfür können daher also nur Lang- oder Mittelwellen-Wärmebildkameras in Betracht gezogen werden, die – entsprechend hohe Empfindlichkeit vorausgesetzt – unter Einsatz eines geeigneten Filters (und bei ausreichender Konzentration der Gase) die Detektion dieser Gase ermöglichen.
Für einige Gase sollen hier die Banden und damit die Werte für den jeweiligen Bandpassfilter folgen:
mittelwellig:
Methan CH4 3,2 … 3,4 µm
Tetrafluormethan CF4 4,5 µm
langwellig:
Ammoniak (wasserfrei) NH3 10,2 … 10,4 µm
Fortsetzung
Weitere Informationen zur Gerätetechnik der Wärmebildkameras findest Du hier:
Grundlegender Aufbau
Aus welchen Hauptbestandteilen besteht eine Wärmebildkamera?
Infrarot-Detektoren
Was sind thermische Sensoren, was sind Photonendetektoren?
Signalverarbeitung
Welchen Einfluss haben die Detektor-Ausleseverfahren auf das resultierende Wärmebild?
Bildbearbeitung
Mit welchen Verfahren und "Tricks" werden gut aussehende Wärmebilder erzeugt?
Geräteparameter
Welchen Einfluss haben die messtechnischen Parameter auf die Anwendbarkeit?
Kalibration
Wie und womit werden Wärmebildkameras kalibriert? Was ist der NUC-Abgleich?