Messobjekt-Eigenschaften
Strahlungsphysikalische Eigenschaften von Materialien – welche sind denn das?
Gibt es Abhängigkeiten untereinander? Was sind schwarze, graue bzw. selektive Strahler?

Strahlungsphysikalische Materialeigenschaften - welche gibt es?
Für jede Materie können wir folgende 4 strahlungsphysikalische Maßzahlen – immer relativ zu den Eigenschaften eines idealen Strahlers, Absorbers, Spiegels bzw. idealen Fensters ermitteln. Deren Werten sind wie folgt zu verstehen:
Emissionsgrad ε = Maßzahl der Fähigkeit zur Aussendung von Strahlung (0 … 1 bzw. 0 … 100%)
Absorptionsgrad α = Maßzahl der Fähigkeit zur Aufnahme von Strahlung (0 … 1 bzw. 0 … 100%)
Transmissionsgrad τ = Maßzahl der Durchlassfähigkeit für Strahlung (0 … 1 bzw. 0 … 100%)
Reflexionsgrad ρ = Maßzahl der Fähigkeit zur Spiegelung von Strahlung (0 … 1 bzw. 0 … 100%)
Nach dem Kirchhoffschen Strahlungsgesetz gilt, dass der spektrale Emissionsgrad eines Körpers stets gleich seinem spektralen Absorptionsgrad ist.
α(λ) = ε(λ)
Schlussfolgerung: Der schwarze Körper als idealer Strahler (ε = 1) ist damit also zugleich auch ein idealer Absorber mit α = 1.
Dem Energieerhaltungsgesetz zufolge besteht zudem der folgende weitere Zusammenhang zwischen den strahlungsphysikalischen Maßzahlen:
ε(λ) + τ(λ) + ρ(λ) = 1
Welche strahlungsphysikalisch besonderen Körper gibt es?
Aus den obigen Gesetzen können die strahlungsphysikalischen Eigenschaften spezieller Materialien abgeleitet werden. Hier sind diese Sonderfälle:
Schwarzer Körper (idealer Strahler)
ε = 1 & α = 1 & τ = 0 & ρ = 0
—> ein Körper also, der Strahlung mit 100% Wirkungsgrad aufnehmen und abgeben kann, je nachdem, ob seine Umgebung wärmer oder kälter ist
Interessant ist hierbei: Der ideale Strahler ist ein physikalisches Modell. Beispielsweise bemüht man sich mit sogenannten Hohlraumstrahlern den oben genannten Eigenschaften nahezukommen. Hohlraumstrahler dienen auch als Referenz zum Kalibrieren von Infrarot-Messsystemen.
Für den Alltagsthermografen ist es nur schade, dass die meisten Messobjekte weit davon entfernt sind, die Eigenschaften eines idealen Strahlers zu besitzen.
Idealer Spiegel
ρ = 1 & ε = 0 & α = 0 & τ = 0
—> ein Körper also, der jegliche Strahlung zu 100% reflektiert, selber aber keine aufnimmt und keine abgibt
Interessant ist hierbei: Ein idealer Spiegel kann sich weder durch Strahlung erwärmen, noch kann man seine Temperatur durch Strahlungsmessung bestimmen. Jedwede Strahlung, welche wir aus seiner Richtung kommend detektieren, ist von ihm reflektierte Strahlung anderer Körper.
Er kann uns aber durchaus als Umlenkspiegel hilfreich sein. Natürlich unter Beachtung dessen, dass die Spiegel in der Praxis niemals zu 100% ideale Spiegel sind.
Ideales Fenster
τ = 1 & ε = 0 & α = 0 & ρ = 0
—> ein Körper also, der jegliche Strahlung zu 100% hindurchlässt, selber aber keine aufnimmt und keine abgibt
Interessant ist hierbei: Ein ideales Fenster kann sich weder durch Strahlung erwärmen, noch kann man seine Temperatur durch Strahlungsmessung bestimmen. Jedwede Strahlung, welche wir aus seiner Richtung kommend detektieren, ist vom idealen Fenster durchgelassene Strahlung anderer Körper.
Einzigste „Materie“, welche diese Eigenschaften aufweist, ist das Vakuum. Alle anderen Materialien weisen Absorptionsbanden (Spektrallinien) auf,
Nicht-transparenter Körper
τ = 0 & ε + ρ = 1
—> ein Körper also, der keine Strahlung hindurchlässt, selber pedig eine Mischung aus Strahler und Spiegel darstellt
Interessant ist hierbei: Ein undurchlässiger Körper kann Wärme aufnehmen und abgeben, entsprechend dem Verhältnis seiner Emissions- und Reflexionseigenschaften.
Die meisten „alltäglichen“ Messobjekte gehören zu den Nicht-transparenten Körpern.
Warum beschäftigen wir uns so oft nur mit dem Emissionsgrad?
Die meisten Messobjekte sind für Infrarotstrahlung undurchsichtig. Daher reicht es bei diesen, deren Emissionsgrad zu wissen. Alle anderen strahlungsphysikalische Maßzahlen sind bei undurchsichtigen Materien vom Emissionsgrad ableitbar.
Nehmen wir als ein Beispiel einen nicht-transparenten Körper mit 0,6 (= 60%) Emissionsgrad.
Es ergeben sich daraus folgende Werte:
τ = 0
ε = 0,6 (= 60%)
α = ε —> α = 0,6 (= 60%)
ε + ρ = 1 —> ρ = ε – 1 = 0,4 (= 40%)
Was sind schwarze, graue und was sind selektive Strahler?
Der schwarze Strahler ist das Synonym für den idealen Strahler (siehe oben). Graue Strahler unterscheiden sich von diesem darin, dass sie über alle Wellenlängen einen in konstantem Verhältnis geringeren Emissionsgrad aufweisen. Selektive Strahler nennt man solche Körper, deren spektraler Emissionsgrad wellenlängenabhängig ist. Es gibt hierbei also Wellenlängen, die stärker (aber höchstens mit 100%) oder schwächer als die übrigen emittiert werden. Es kann auch Wellenlängen geben, die überhaupt nicht emittiert werden. Die folgende Darstellung erklärt die Unterschiede:

Fortsetzung
Weitere Informationen zu den theoretischen Grundlagen der Thermografie findest Du hier:
Wie entsteht Wärmestrahlung?
Jeder Körper mit einer Temperatur über dem absoluten Nullpunkt (0 K) sendet Strahlung aus ...
Was besagt das Stefan-Boltzmann Gesetz?
Die Gesamtstrahlung eines idealen Strahlers ist direkt proportional zur vierten Potenz der Temperatur ...
Was ist das Plancksche Strahlungsgesetz?
Dieses Gesetz beschreibt Quantität und Wellenlängen der Strahlung in Abhängigkeit von der Temperatur ...
Wovon hängte der Emissionsgrad ab?
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Welche Rolle spielt die Übertragungsstrecke?
Bei den meisten berührungslosen Temperaturmessungen ist die Atmosphäre im Spiel ...
Wie wird die Objekt- temperatur berechnet?
Mit der "Pyrometrischen Grundgleichung" aus der Strahlungsintensität ...