Studium an der TU Budapest
Ungarn ist ein schönes Urlaubsland. Wieso habe ich dann aber dort Elektrotechnik studiert?

Eine tolle Universität!
Ich war (und bin) ein Streber. Na ja, heute sagt man dazu (beschönigend) Maximalist oder Perfektionist. Ändert aber nichts am Fakt, dass ich für mich die Messlatte immer bei der Bestnote festlegte. (Auch heute noch.) Als jemand, der einen glänzenden Notendurchschnitt hatte, dachte ich mir denn auch, mir steht die Welt offen, wenn ich die der Polytechnischen Oberschule (damals 10 Klassen) folgende weitere Berufsausbildung auswählen möchte. Mein Traum war BMSR-Mechaniker mit Abitur. Also erst mal einen mich brennend interessierenden Beruf erwerben, dann weiter studieren.
Aber ich war im Irrtum: mir wurde ganz einfach erklärt „Deine Noten sind zu gut, diese Stellen sind für andere vorgesehen.“ In mir brach eine Welt zusammen! Wie froh war ich, als mir als Alternative ein Auslandsstudium angeboten wurde: in der ČSSR (im heutigen Tschechien), in der UdSSR (im heutigen Russland) oder in Ungarn. In 5 Minuten stand die Entscheidung fest: natürlich in Ungarn! Ein Jahr zuvor war ich (aus Anlass meiner Jugendweihe) in Ungarn und hatte die hübschen, frechen Ungarinnen noch in bester Erinnerung! (Ganz nebenbei hatte die TU Budapest einen super Ruf, gerade in Elektrotechnik einer der besten Universitäten zu sein. Aber das war wirklich nur Nebensache.)
Also ging’s zum Abi mit parallelem Ungarisch-Intensivkurs (innerhalb von 2 Jahren Sprachkundigenprüfung Stufe 2C), danach folgten 1 ½ Jahre Gehirnwäsche als Wehrpflichtiger und schließlich ging das Studium in Budapest los. Vorher 4 Wochen Sprachvorbereitungskurs (in Hauslatschen und Trainingshose). Mir hatte dieser nicht viel gebracht: über die Armeezeit ist das vorher intensivst eingetrichterte Ungarisch nur sehr dünn übrig geblieben. Dementsprechend saß ich dann in den ersten Uni-Vorlesungen (natürlich alle nur auf Ungarisch) und habe einfach nichts verstanden. Nur gut, dass die Dozenten so fleißig die Tafel vollschrieben, es gab also immer etwas zum „abmalen“.
Die wirkliche Lernen der ungarischen Sprache verlegte sich auf die Freizeit: zum Flirten musste man sich ja mit den Ungarinnen auch auf Ungarisch verständigen. Das war die Mindestanforderung für jeglichen Erfolg! Und spätestens während der ersten Prüfungen (nach dem ersten Halbjahressemester) musste ich auch an der Uni die (ungarischen) Fragen verstehen können, sowie mein Fachwissen auch ungarisch präsentieren. Nur mit Formeln wäre ich da wohl nicht weit gekommen.
Nach dem 4. Halbjahressemester war dann die Mathe-Hauptprüfung dran. Ich will ja nicht behaupten, alles gewusst zu haben. Trotz fleißigem Lernens, hatte ich natürlich genau „das“ Prüfungsthema zur mündlichen Prüfung gezogen, welches ich nicht so gut konnte. Also stotterte ich mich mit Müh und Not bis zur Hälfte durch, dann verkündigte ich entschuldigend: „Eigentlich weiß ich ja auch den Rest, nur fällt’s mir jetzt auf Ungarisch nicht ein.“ Mit einem freundlichen Lächeln antwortete die Professorin völlig akzentfrei auf Deutsch: „Das ist kein Problem, Sie können es mir auch gerne auf Deutsch erklären.“ 2 Jahre lang hatte keiner von uns auch nur die leiseste Ahnung, dass unsere Mathe-Professorin über Jahre in Deutschland Vorlesungen gehalten hatte und perfekt Deutsch sprach. Irgendwie habe ich dann doch meine mündliche 4 erhalten. Gerade noch „durchgerutscht“.
Bis zum Ende des 4. Semesters wurde an der TU Budapest immer stark selektiert. Wenigstens 30% der Studenten wurden bis dahin „verabschiedet“. Schon alleine deshalb, da es für die höheren Studiengänge von vornherein nur für 70% der Studienanfänger auch freie Plätze gab. Wenn ich nun dachte, mit den erfolgreichen Prüfungen (inkl. Mathe-Hauptprüfung) sind alle meine Studienprobleme überstanden, dann hatte ich mich kräftig getäuscht. Der wirkliche Schlamassel kam erst noch.
Mit dem Ende der DDR, war ich nicht nur von heute auf morgen mein Stipendium los, sondern musste als plötzlicher „Wessi“ auch aus dem Kollegium ausziehen. Während meine Eltern um ihr eigenes finanzielles Überleben kämpfen mussten, konnte sie mich auch nicht unterstützen. Also war eine sofortige Notlösung gefragt: Bei der Uni beantragte ich einen Sonderstudienplan, dank dessen ich (trotz Status als Direktstudent) nicht an den Vorlesungen, Praktiken und Klausuren teilnehmen musste. So konnte ich eine Vollanstellung als Vertriebsingenieur bei der Soemtron-Niederlassung in Budapest annehmen, das finanzielle Problem war damit geklärt. Blieb noch der Wohnraum zu lösen: mit meiner Freundin (meiner späteren Frau) bezogen wir gemeinsam eine etwas „abgenutzte“ Mini-Mietwohnung. Aber dank des rosaroten Nebels fanden wir’s Klasse.
Schnell war dann auch das nächste Halbjahressemester rum. Von einem sehr sehr hilfsbereiten Mitstudenten erhielt ich alle Aufzeichnungen, anhand derer ich innerhalb von 2 Wochen Urlaub alle Fächer büffelte und auch die Prüfungen ablegte. Hatte ich Glück, brauchte ich nur eine solche Prüfung ablegen, wie auch meine Mitstudenten. War aber der Dozent (trotz des Sonderstudienplanes) etwas sauer, musste ich auch die Klausuren nachschreiben. D.h. einige meiner Prüfungen dauerten statt 1-2 Stunden fast das Dreifache. Und da mein Urlaub knapp war (es mussten ja auch noch für das nächste Semester wieder 2 Wochen übrig bleiben), war der Nachmittag schon dem nächsten Fach zu widmen…
Es gab so einige Nächte, bei denen ich während des Lernens einfach eingeschlafen bin und vom Stuhl fiel. Aber irgendwie hab’ ich es geschafft: 1992 erhielt ich mein Diplom als Elektroingenieur (Prädikat „Gut“). Mit tiefgründigem Fachwissen versehen, auf das ich noch heute aufbauen kann. Und mit der in der Not errungenen Fähigkeit, sehr schnell lernen zu können. (Das sollte mir auch später noch einmal sehr dienlich werden!)
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